12. KAPITEL

Mitch wartete drei Tage, bevor er versuchte, mit Skye Kontakt aufzunehmen. Er wusste, dass sie verletzt war und sich betrogen fühlte. Doch sosehr er sich auch wünschte, mit ihr wieder ins Reine zu kommen, wollte er ihr etwas Zeit geben. Es gab keine Entschuldigung für das, was er getan hatte. Aber es gab eine Erklärung, die er ihr gerne geben würde - wenn er auch nicht wusste, wie er sie dazu bringen sollte, ihm zuzuhören.

Auch wenn Garth zu ihm gekommen war und ihn gebeten hatte, für ihn zu spionieren, hatte Mitch nicht realisiert, wie ernst es dem Mann mit seiner Kampagne war. Garth würde alles tun, um die Titans in die Knie zu zwingen. Er würde jeden verletzen, sogar Skye und Erin. Mitch musste sicherstellen, dass das nicht passierte.

Er wartete, bis er wusste, dass der Schulbus weg war. Mit Erin musste er sich auch wieder vertragen, aber das wäre sicherlich viel einfacher, nachdem er mit Skye gesprochen hatte. Zumindest war das seine Theorie.

Er fuhr hinüber zu Glory‘s Gate und war erleichtert, Skyes Auto in der Auffahrt stehen zu sehen. Er stieg aus dem Truck und ging zum Haus, als die Hintertür aufschwang und Skye mit einer Schrotflinte in der Hand auf der obersten Stufe erschien.

»Denk nicht mal daran«, rief sie ihm zu. Sie ging die zwei Stufen hinunter und kam ihm entgegen. »Du bist hier nicht willkommen.«

Sie sah großartig aus. Ihr langes rotes Haar wehte in der leichten Brise. Sie war bereits für die Arbeit angezogen und trug einen Rock und eine schicke Bluse. Er vermutete, dass irgendwo die passende Jacke zu dem Ensemble lag. Trotzdem, die Kombination von konservativer Kleidung und der Schrotflinte war erregender, als er erwartet hätte.

»Wir müssen reden«, sagte er.

»Wir müssen gar nichts. Ich will dich hier nicht sehen.«

»Skye, ich weiß, dass du wütend bist.«

Sie hob die Schrotflinte an ihre Schulter und blinzelte den Lauf entlang. »Wütend trifft es nicht annähernd, Mitch. Ich habe dir vertraut. Ich bin als Freundin zu dir gekommen, und die ganze Zeit hast du für Garth gearbeitet.«

»Es waren nicht mehr als fünfzehn Minuten. Ich habe ihm nichts erzählt.«

»Und deshalb ist es okay? Nur weil du keinen offensichtlichen Schaden angerichtet hast? Ich glaube kaum.«

Er konnte ihren Zorn spüren und sah das Feuer in ihren Augen. Sie war so unglaublich schön - das war sie schon immer gewesen, aber ab und zu brauchte er eine Erinnerung daran.

»Beweg deinen Hintern von meinem Land«, befahl sie.

»Wir haben nicht das Jahr 1840, und ich bin auch nicht hier, um Vieh zu stehlen.«

»Deshalb bist du trotzdem ein Krimineller.«

Er schaute sie an. »Es tut mir leid. Ich hatte unrecht. Garth ist bei mir aufgetaucht, kurz nachdem ich das mit Erin erfahren hatte. Ich war wütend und wollte es dir heimzahlen.«

»Weil ich ein Kind, das nicht deines ist, von dir ferngehalten habe?«

»Ja, ich weiß. Wenn man es so ausdrückt, ergibt es nicht wirklich einen Sinn.«

»Es hat niemals Sinn ergeben.« Sie nahm die Flinte herunter. »Verdammt, Mitch, ich hätte dein Kind niemals vor dir verheimlicht. Das solltest du wissen. Du hättest mir vertrauen müssen.«

Sie wird langsam weich, stellte er erleichtert fest.

»Ich brauchte wohl eine Veränderung meiner Einstellung«, sagte er.

»Du hast eine ganze Menge mehr gebraucht.«

Er kam ein bisschen näher, und sie hob ihre Hand. »Bleib, wo du bist«, sagte sie.

»Ich war verwirrt«, erklärte er und wusste, dass es die Wahrheit war. »Ich hatte gerade mein Bein verloren, ich war wütend und brauchte ...«

»Jemanden, an dem du es auslassen konntest.«

Er nickte. »Ich bin nicht stolz darauf. So bin ich normalerweise nicht. Das weißt du, Skye.«

Sie schluckte schwer. »Warum wusstest du dann nicht, dass ich dir Erin niemals vorenthalten hätte?«

»Weil es nicht darum ging. Ich wollte, dass sie von mir ist, weil ich unbedingt etwas Positives in meinem Leben finden musste.«

»Du hast die Ranch und Fidela und Arturo.«

»Das schien nicht genug zu sein. Wenn sie meine Tochter gewesen wäre, hätte ich etwas gehabt, wofür es sich zu leben lohnt.«

Nun ging er doch auf sie zu. Er trat so nah heran, dass ihre Hand seine Brust berührte.

»Du wirst mich erschießen müssen«, sagte er, »denn ich werde nicht gehen.«

Er sah ihr in die Augen. »Bitte, lass uns reden, Skye.« Sie drehte sich um und ging ins Haus. Er folgte ihr.

»Das mit Garth tut mir leid«, begann er, als sie sich an den runden Tisch gesetzt und ihren Kaffee vor sich stehen hatten. »Ich wusste nicht, wie ernst es ihm ist. Ich habe heute den Artikel in der Zeitung gesehen.«

»Jed könnte wegen Hochverrats angeklagt werden. Das ist ernst. Nicht dass ich das Gefühl habe, meinem Vater wäre das bewusst. Er weigert sich, mit uns darüber zu sprechen. Er ist kaum noch hier. Ich bin mir nicht mal sicher, ob er hier übernachtet. Vielleicht hat er eine Wohnung in Dallas. Oder eine Freundin.«

Mitch goss sich ein wenig Kaffee ein und lehnte sich auf dem Stuhl zurück. »Garth kämpft mit harten Bandagen. Es tut mir leid wegen der Party. Ich ahnte nicht, dass er so etwas vorhatte.«

Sie seufzte. »Ehrlich gesagt, nachdem ich herausgefunden hatte, dass du mit ihm zusammenarbeitest, waren die Nachwehen der Party nichts dagegen. Ich habe mit einigen Leuten von der Presse gesprochen. Ich kann ihnen die Wahrheit nicht sagen, also haben wir erzählt, dass es sich um einen Studentenstreich handelt. Die Polizei hat Untersuchungen aufgenommen, aber weil ich ihnen gesagt habe, dass Garth dahintersteckt und er eine so tragende Säule der Gemeinde ist, denken sie, dass ich hysterisch bin. Oder dass ich mich an ihm rächen will, weil er nicht mit mir ausgeht oder so. Dana versucht, auf eigene Faust etwas herauszufinden, aber Garth ist gut. Ich bezweifle, dass er irgendwelche Spuren hinterlassen hat.«

»Ich könnte mich auch mal umhören.«

»Lieber nicht. Denn dir würde ich glauben.«

»Ich arbeite nicht für Garth.«

»Hast du aber.«

»Ich habe nichts getan.« Er beugte sich zu ihr. »Du musst meine Entschuldigung akzeptieren.«

»Zum Ersten muss ich gar nichts. Und zum Zweiten hast du dich noch gar nicht entschuldigt.«

»Es tut mir leid.«

»Großartig.«

»Du vergibst mir nicht?«

»Nicht in naher Zukunft.«

Diese zähe Skye war mehr wie die Frau, die er kannte. »Willst du mich auf den Arm boxen?«

»Kann ich dafür einen Hammer nehmen?«

»Nein.«

»Dann bin ich nicht interessiert. Vielleicht später.«

»Kann ich irgendetwas tun, um dir zu helfen?«

Sie zögerte. Er spürte, dass sie Ja sagen wollte, und für den Augenblick reichte ihm das.

»Ich frage dich später noch mal«, sagte er.

Um ihre Mundwinkel zuckte es. »Hör auf, nett zu sein, Mitch. Das ist mehr, als ich im Moment ertragen kann.«

»Dir wäre es lieber, wenn ich gemein und mürrisch wäre?«

»Das wäre einfacher.«

Einfacher, ihn auf Distanz zu halten? Mitch war sich nicht sicher, warum er ihr nahe sein wollte, aber er wollte es.

»Kannst du wenigstens deiner Tochter sagen, dass ich kein totaler Mistkerl bin?«

Sie runzelte die Stirn. »Ist etwas mit Erin vorgefallen?«

»Sie hat mir gesagt, dass ich dich zum Weinen gebracht habe und Helden so etwas nicht tun.«

»Sie hat gelauscht, als ich mich mit meinen Schwestern und Dana unterhalten habe. Ich wusste, dass sie traurig war, aber ich dachte nicht, dass sie dich darauf ansprechen würde.«

»Hat sie aber.«

»Ich werde mit ihr reden.«

»Danke.«

»Eigentlich sollte ich mich da raushalten«, sagte sie ihm.

Aber um Erins willen würde sie mit ihr reden. Weil es einfach das Richtige war.

Er stand auf und kam um den Tisch herum. Skye erhob sich ebenfalls und trat ein paar Schritte zur Seite, bevor er sie erreichte.

»Nicht«, flüsterte sie.

»Ich hatte nicht vor, irgendetwas zu tun.«

»Du wolltest mich berühren. Ich kann das aber nicht noch einmal tun, Mitch. Ich kann einfach nicht ... Für mich ist das kein Spiel. Ich weiß nicht, was es ist, aber es ist nicht nichts.«

»Für mich auch nicht.«

»Dann sollten wir es vermeiden und uns aus dem Weg gehen, bis wir es herausgefunden haben.«

Skye flüchtete ins Büro, wo ihr Leben ein bisschen mehr Sinn ergab. Es war einfacher, sich auf die Arbeit zu konzentrieren, als darüber nachzudenken, was zwischen Mitch und ihr vorging.

Sie glaubte ihm, dass es ihm leidtat, sich mit Garth verbündet zu haben. Sein Angebot, ihrem Halbbruder zu helfen, war aus dem Schmerz und dem Wunsch geboren, um sich zu schlagen. Aber das änderte nichts an ihrem Gefühl, verraten worden zu sein. Und es erleichterte ihr auch nicht seinen Verlust.

Sie hatte kaum ihren Computer angeschaltet, als T.J. anrief.

»Hey, Schönheit.«

»Hey, selber.«

»Ich habe das über Jed gehört. Wie geht es dir?«

»Ganz gut. Ich hoffe, du glaubst die Geschichten nicht?«

»Du solltest wissen, dass Jed so etwas nie tun oder dulden würde.«

»Ich weiß. Jed ist zwar kein einfacher Typ, aber er ist klug. Er würde seine Firma niemals durch illegale Waffengeschäfte in Gefahr bringen. Setzt die Presse dir arg zu?«

»Bisher noch nicht. Sie haben ein paarmal bei uns zu Hause angerufen, aber da geht nur der Anrufbeantworter dran, und nach ein paar Versuchen geben sie es dann auf.«

»Wenn du irgendetwas brauchst, wenn ich dir helfen kann, sag es mir.«

Sie lächelte. »Das werde ich. Danke, T.J.«

»Ich würde dich gerne wiedersehen. Hast du Lust auf ein Dinner?«

T.J. war ein netter Mann. Lustig, charmant, unkompliziert. Bei dem Gedanken daran, den Abend mit ihm zu verbringen, sollte sie vor Vorfreude zittern. Na ja, wenn sie genau in sich hineinhorchte, tat sie das vielleicht auch ... irgendwie.

T.J.s größter Makel war, dass er nicht Mitch war. Trotz all seiner Vertrauensbrüche und Komplikationen brachte er immer noch ihr Blut zum Kochen, und alleine sein Anblick ließ ihr Innerstes schmelzen. Und wenn er sie berührte, war sie verloren.

»Skye? Das war eigentlich keine so schwere Frage ...«, unterbrach T.J. ihre Gedanken.

»Entschuldigung, du hast recht. Ja, Dinner wäre großartig...«

»Ich hole dich dann um halb sieben zu Hause ab«, sagte er.

»Warum treffen wir uns nicht direkt im Restaurant?«, schlug Skye vor. »Das wäre einfacher. Erin ist erst acht, und ich bin mir nicht sicher, ob sie schon bereit ist, ihre Mutter wieder mit einem anderen Mann zu sehen.«

Außerdem gab es da noch die Geschichte mit Izzy, aber das wollte Skye nicht erwähnen. Sie wusste nicht, was zwischen T.J. und ihrer Schwester vor sich ging. Aber Izzy war stur und würde alles tun, um zu beweisen, dass sie die begehrenswertere Schwester war.

»Dann um sieben im Restaurant«, stimmte T.J. zu. »Ich werde einen Tisch reservieren.«

»Eine hervorragende Eigenschaft bei einem Mann.«

Er lachte. »Ich sehe dich dann um sieben. Ich freu mich drauf.«

»Ich mich auch«, erwiderte sie. Dann legten sie auf.

Sie ignorierte den Anflug von schlechtem Gewissen, der ihr einflüsterte, dass T.J. ihr Interesse niemals so wecken könnte, wie Mitch es tat. T.J. war die sicherere Wahl. Zumindest oberflächlich betrachtet.

Sie hörte förmlich Izzys Stimme, die ihr sagte, dass sie niemandem etwas vormachen konnte. Dass sie nur Jeds wegen vorgab, an T.J. interessiert zu sein - und dass für ihn das Gleiche gelte. Die einzige Titan-Schwester, die er wirklich haben wollte, war Izzy.

»Sie spielt nur ein Spiel«, flüsterte Skye sich zu. Izzy war immer die Wilde gewesen, und die Männer hatten sie umschwärmt wie Motten das Licht. Ja, Jed hatte Skye in T.J.s Richtung geschubst, aber sie weigerte sich zu glauben, dass sein Charme nur vorgetäuscht war. So gut konnte keiner schauspielern. Izzy war einfach nur eine verwöhnte Göre.

»Hast du eine Sekunde?«

Skye schaute auf und sah Trisha in der Tür stehen. »Sicher, was gibt‘s?«

»Nichts Gutes«, gab Trisha zu, als sie mit einer Akte in der Hand auf den Schreibtisch zukam. »Wir haben mit der Untersuchung angefangen. Bisher haben wir herausgefunden, dass es tatsächlich zwei Buchhaltungen gibt. Sie laufen auf dem gleichen Programm und mit genau den gleichen Einträgen. Der einzige Unterschied sind die Bonuszahlungen an die langjährigen Mitarbeiter und die Schecks an dich. Die Computerjungs haben mir gesagt, dass sie den möglichen Zugang gefunden haben. Er liegt außerhalb, was bedeutet, dass jemand sich in unser System gehackt und es nicht hier intern hochgeladen hat.«

Skye ließ sich in ihren Stuhl fallen. »Ich wusste nicht, dass wir so angreifbar sind.«

»Das sollten wir eigentlich auch nicht sein.« Trisha setzte sich ihr gegenüber. »Ich habe mich mit der Sicherheitsfirma in Verbindung gesetzt, die dafür zuständig ist, unser System zu schützen. Anfangs behaupteten sie, es wäre unmöglich, sich bei uns einzuhacken. Aber jetzt, wo ich ihnen die Beweise gezeigt habe, versuchen sie alles, um herauszufinden, wie das passieren konnte. Und durch wen.«

Letzteres wusste Skye bereits.

»Wir werden den Fall knacken«, sagte Trisha. »Daran glaube ich fest. Aber wir haben noch ein größeres Problem. Das ist das zweite Mal, dass schlechtes Licht auf die Stiftung fällt. Die Leute fangen an zu reden und Fragen zu stellen.«

Skye wollte das nicht hören. »Spender oder Mitarbeiter?«

»Beide. Leute, die für gemeinnützige Einrichtungen arbeiten, werden von einem ganz besonderen Drang, die Welt zu verbessern, angetrieben. Sie wollen sich nicht den Hintern abarbeiten, um dann herauszufinden, dass sich jemand von dem gesammelten Geld einen Mercedes gekauft hat. Und Spender mögen es auch nicht, hinters Licht geführt zu werden.«

»Und du glaubst, dass das hier passiert? Dass die in den Büchern aufgelisteten Zahlungen korrekt sind?«

Trisha lächelte sie schmal an. »Das kann nicht sein. Ich habe einen auf mich ausgestellten Scheck gefunden. Und den habe ich bestimmt nicht freigegeben. Ich bin diejenige, die hier Schecks ausstellt, und ich weiß, dass ich diesen nicht unterzeichnet habe. Er ist auch nie auf meinem Konto aufgetaucht.«

»Ich bin erleichtert, das zu hören. Aber du unterschreibst doch alle Schecks.«

»Ja, aber ich überprüfe nur einen gewissen Prozentsatz davon. Sonst wäre das ein Vollzeitjob. Die Gehaltszahlungen sind computergesteuert, genau wie die Zahlungen an die örtlichen Essensbanken und Heime, die wir unterstützen.«

»Also wissen wir nicht, ob die anderen fraglichen Schecks wirklich rausgegangen sind oder nicht.«

»Ich habe alle Kontoauszüge angefordert und werde sie mit den Schecks abgleichen. Unglücklicherweise lautet die Regel, dass eine Firma, die doppelte Buchführung betreibt, auch mehrere Bankkonten hat. Das Geld könnte von überall kommen.«

Das ist ein Albtraum, dachte Skye erbittert. Sie hasste es, dass das passierte und sie nicht wusste, wie sie es aufhalten sollte.

»Du wirst durch diese Sache gute Leute verlieren«, sagte Trish. »Ich habe Gerüchte gehört, dass sich einige schon nach einem neuen Job umsehen.«

»Du auch?«, fragte Skye rundheraus.

»Noch nicht.«

Sie konnte nicht öffentlich machen, was wirklich vor sich ging. Das würde nicht nur ihrem Fall nicht weiterhelfen, sondern sie hatte auch das Gefühl, dass Garth es genießen würde, wenn man über ihn sprach. Aber sie konnte es vielleicht Trisha erzählen.

Sie beugte sich vor. »Du kennst meine Familie ein bisschen. Du hast meinen Vater schon mal getroffen.«

»Ja, ein paarmal. Er ist ein interessanter Mann.«

»So kann man es auch sagen. Vor ungefähr fünfunddreißig Jahren hatte er eine Affäre mit einer Frau namens Kathy. Sie wurde schwanger, aber Jed hatte kein Interesse daran, sie zu heiraten. Und damit fing der ganze Ärger an.«

Skye erzählte, was sie über Garth und seine Mutter wusste. Sie ging nicht ins Detail, erklärte aber, dass Garth ihre Familie von jeder Seite unter Beschuss genommen hatte.

»Irgendjemand hat meine Schwester und ihr Spa missbraucht«, sagte Skye. »Diese Frau hat für Garth gearbeitet. Soweit wir wissen, hat er sie dafür bezahlt, eine gefälschte Klage einzureichen. Als Lexi sie zur Rede gestellt hat, hat sie die Klage zurückgezogen und ist aus der Stadt verschwunden. Garth wird alles tun, um an uns heranzukommen. Erst vor ein paar Tagen hat er auf einer Party meine Gäste vergiftet.«

Trisha sah schockiert aus. »Davon habe ich gehört. Allerdings hieß es in den Nachrichten vielmehr, dass es ein Studentenstreich gewesen sei.«

»Garth hat mir gegenüber zugegeben, dass er es war«, sagte Skye. »Aber als ich das der Polizei erzählte, haben sie mir nicht geglaubt. Warum sollten sie auch? Ein Mann in Garths Position, mit seinem Geld und Einfluss, vergiftet Gäste auf einer Party? Das ergibt keinen Sinn.«

»Außer man weiß, dass er die Familie vernichten will«, seufzte Trisha. »Also hat er es jetzt auf die Stiftung abgesehen?«

»Offensichtlich. Er steckte auch hinter dem Tipp an die Staatsanwaltschaft wegen der Geldwäsche. Wir sind zwar von den Vorwürfen freigesprochen worden, aber erinnere dich an das ganze Geld, was wir dafür aufwenden mussten. Anstatt damit hungrige Kinder zu füttern, mussten wir Anwälte engagieren und unseren Ruf verteidigen.«

»Ich verstehe, warum das privat bleiben soll«, sagte Trisha. »Aber du musst dich wappnen, Skye. Die Leute werden es nicht verstehen, und sie werden anfangen, die Firma zu verlassen. Für die leitenden Angestellten ist ihr guter Ruf ihr wichtigstes Kapital. Wenn sie glauben, dass die Stiftung den Bach runtergeht, werden sie nicht mit dem sinkenden Schiff untergehen.«

Izzy spazierte durch das teure Apartment. Die hohen Decken und großen Fenster ließen es hell und luftig erscheinen. Die vorherrschenden Farben waren Grau und Schwarz, mit ein paar farbigen Akzenten.

Ihr gefielen der ebenholzfarbene Holzfußboden und der offene Kamin in der Ecke. Sie würde hier nicht unbedingt wohnen wollen, aber die Wohnung schien zu T.J. zu passen.

»Kommentare? Anregungen?«, fragte er, während er hinter die Bar trat und anfing, Cocktails zu mixen.

»Du hast mit deiner Innenarchitektin geschlafen«, erwiderte Izzy.

Er öffnete eine Flasche Wodka. »Das ist alles? Nichts über die Aussicht oder dass es so männlich wirkt? Nur dass ich mit meiner Innenarchitektin geschlafen habe?«

»Liege ich falsch?«

Er lachte. »Nein.«

Sie setzte sich auf einen Barhocker und stützte die Ellbogen auf der Granitplatte auf.

»Du bist ein Spieler«, sagte sie.

»Ist das was Schlechtes?«

»Theoretisch nicht. Ich bin mir nur nicht sicher, welches Spiel du spielst. Mit mir.«

Er schob ihr einen Martini zu. »Muss es denn ein Spiel sein?«

Izzy dachte an Skye. »Muss es nicht - das war deine Idee. Wie weit wirst du es noch treiben?«

Humor blitzte in seinen blauen Augen auf. »Ich bin für alle Vorschläge offen.«

Aber Izzy hatte keine. Sie war nicht mit Leib und Seele an T.J. interessiert, aber sie schien auch nicht willens, sich von ihm fernzuhalten. Er verwirrte sie, und das passierte nicht oft. Aber wie viel davon war echtes Interesse von ihrer Seite und wie viel der Wunsch, Skye etwas zu beweisen? Auch wenn sie im Moment nicht sicher war, was sie beweisen wollte.

»Wenn du mit meiner Schwester Lexi zur Schule gegangen bist«, sagte sie, »kennst du bestimmt auch Dana Birch.«

»Oh ja. Sie war faszinierend. Heiß, wenn auch auf ganz andere Weise als Lexi. Aber ich kenne keinen, der den Mut gehabt hätte, sich mit ihr zu verabreden. Sie war sehr deutlich darin, keinen an sich heranzulassen.«

Interessant, dachte Izzy, die Danas Vorliebe für ruhige, unscheinbare Männer kannte, die sie herumkommandieren konnte. Das Problem war nur, dass diese Männer sie schnell langweilten.

»Weißt du, warum sie so war?«, fragte sie T.J.

Er hob die Augenbrauen. »Du machst Witze, oder? Ich bin ein Mann, ich betreibe keine Motivsuche.«

»Du unterhältst dich bestimmt auch nicht über Gefühle.«

Er schüttelte sich. »Nein, danke.«

Sie lachte. »Gut zu wissen.«

»Wann musst du wieder zurück zu deiner Arbeit?«

»In ein paar Tagen. Dann werde ich für knapp zwei Monate weg sein«

»Das ist eine lange Zeit.«

»Sie geht schnell vorbei«, erwiderte sie. »Ich werde ordentlich auf Trab gehalten. Letztes Mal habe ich mitgeholfen, eine neue Plattform aufzubauen. Dieses Mal werde ich eine ältere reparieren.«

»Du bist wirklich Schweißerin?«

»Hast du nicht Flashdance gesehen? Schweißerinnen können sexy sein.«

»Aber schweißen?«

»Deinen Sex-Appeal hat ja auch niemand infrage gestellt Es macht Spaß. Und dass ich es unter Wasser tue, gibt den extra Kick.«

»Der dir wichtig ist?«

»Natürlich. Es geht nur um den Kick. In meiner nächsten Auszeit werde ich Höhlentauchen gehen.«

»Ernsthaft?«

»Willst du mitkommen?«

»Ich besichtige entweder Höhlen oder tauche. Aber nicht beides auf einmal.«

»Angsthase.«

»Ich habe keine Todessehnsucht.«

»Ich auch nicht.«

T.J. sah nicht so recht überzeugt aus. »Höhlentauchen ist ein gefährlicher Sport.«

»Das macht ihn ja so aufregend. Also bist du ein richtiger Adrenalinjunkie.« Ihre Blicke trafen sich.

»Wieso bist du so furchtlos?«, fragte er.

Sie gedachte nicht, diese Frage ehrlich zu beantworten. »Weil es mir steht.«

Er kam um die Bar herum und drehte den Hocker, sodass sie sich anschauen konnten. Er setzte ihre Gläser auf dem Tresen ab, nahm ihr Gesicht in seine Hände und küsste sie.

Sein Mund war warm und verführerisch. Der Kuss neckte und versprach. Es war die Art Kuss, die sagte, dass Sex durchaus eine Option war.

Sie zog sich zurück. »Triffst du dich nicht immer noch mit Skye?«

»Weißt du das nicht?«

»Wir haben uns darauf geeinigt, nicht mehr über dich zu sprechen. Unsere Unterhaltungen zu dem Thema waren eher unschön.«

»Wir treffen uns zum Dinner.«

Izzy wusste nicht, was sie fühlen sollte. Sie und T.J. hatten keine Beziehung. Sie gingen nicht miteinander aus. Sie hingen zusammen rum. Sie hatte noch nie einen ihrer männlichen Bekannten gefragt, ob er auch andere Frauen traf. Es hatte sie nicht interessiert. Und das würde es auch jetzt nicht, wenn sie nicht wüsste, dass Skye das Spiel nicht verstehen würde. Sie würde T.J. als potenziellen Ehemann ansehen, genau wie Jed es wollte.

»Woran denkst du?«, fragte T.J.

»Dass ich aus dir einfach nicht schlau werde. Du kannst nicht uns beide haben.«

Er beugte sich vor und küsste sie erneut. »Das ist okay für mich.«

Der folgende Kuss war eindringlich, sie gaben und nahmen mit gleicher Leidenschaft. Izzy schlang ihre Arme um seinen Hals und öffnete die Lippen.

Er vertiefte den Kuss. Mit seinen Händen erforschte er ihren Körper, dann entdeckte er den Reißverschluss an ihrem trägerlosen Sommerkleid.

Sie fühlte den kleinen Ruck. Instinktiv stand sie auf, als er den Reißverschluss öffnete. Das Kleid fiel zu Boden, und sie stand vor ihm in nichts als hohen Schuhen und einem Stringtanga.

Ohne innezuhalten ergriff T.J. ihre Hand und führte Izzy in sein Schlafzimmer. Während sie die Decke aufschlug, zog er sich schnell aus. Dann waren sie nackt.

Er zog sie an sich, und gemeinsam fielen sie aufs Bett. Seine Hände waren überall, berührten sie, neckten sie, forderten sie heraus. Die Intensität seines Liebesspiels raubte ihr den Atem. Er brachte sie nahe an den Gipfel und drang in dem Moment in sie ein, als sie zum Höhepunkt kam.

Danach schaute er ihr in die Augen und lächelte.

»Ich wusste, dass du gut sein würdest«, sagte er.

»Ach ja?«

Aber anstatt zufrieden fühlte sie sich peinlich berührt und schmutzig. Als ob sie etwas Falsches getan hätte. Sie brauchte kein Diplom in Psychologie, um herauszufinden, warum das so war. Das hier hatte sehr viel mit ihrem Wettkampf mit Skye zu tun. In der Theorie hatte sie diese Runde gewonnen. Also, warum wollte sie sich dann am liebsten übergeben?